Der Doktorand der Ingenieurwissenschaft, Victor Vargas, kam 2004 aus Brasilien und wollte sich in Deutschland einleben. Er hat Gesellschaftstanzkurse in Mannheim und in Aachen besucht, sowohl an den Universitäten als auch an Tanzschulen. „Allerdings,“ sagt er, „die Teilnehmer waren keine offene Menschen und die Unterrichte waren irgendwie geistlos.“
In Aachen meldete er sich in einem Tanzverein an und ging regelmäßig zu Salsa-Parties, aber auch da waren die Leute zurückhaltend. Neue Freundschaften zu schließen war immer noch schwer. Dann
entschied er sich für eine brasilianische Party, wo Forró gespielt wurde und gleich danach meldete er sich in einem Forró-Kurs an.
Im Forró-Kurs gab es keine Brasilianer außer dem Trainer und dem 33-jährigen Studenten. „Ich war gezwungen, mich auf Deutsch zu unterhalten, dadurch wurden meine Sprachkenntnisse spürbar besser“,
erzählt Vargas. Die Teilnehmer waren offener, freundlicher und sofort fand er neue Freunde, die er schon lange gesucht hatte.
Von Ana Cristina Wegelin
Forró in Deutschland
Die Arbeit der
Kommunikationsdesignerin Gundula Bergter geht weiter. Sie und der Tanzlehrer Junio Reis leiteten im Oktober 2010 einen Tanzworkshop in Rostock, „ganz im Norden von Deutschland, wo überhaupt noch
niemand Forró getanzt hat“, erzählt sie.
Der Tanzunterricht fängt an einem sonnigen Sonntagnachmittag an. Der Raum sieht für die ungefähr 20 Teilnehmer zu groß aus. Das Niveau reicht von „Ein Paar Kenntnisse über brasilianische Musik“ bis
zu „Nie von Forró gehört“. Alle hatten sich Bergsters Video im Internet angesehen und waren sofort begeistert. Frieder Ladisch, 33, Mitarbeiter der Universität Rostock, spielt brasilianische Musik in
seiner Band, tanzte aber nie Forró. Regina Kryazkhanova, 24, Studentin, hörte nie von Forró und möchte es ausprobieren. Das Paar Yvonne Wessartes und Felix Krüger, beide 21 und Studenten, wollte
etwas zusammen machen. Bergters Plan, den Tanz bekannt zu machen, geht auf. Am Anfang sind sie noch etwas schüchtern, nach und nach werden die Tänzer aber entspannter und belegen die ganze
Tanzfläche. Die Deutschen zeigen keine Angst vor dem neuen Tanz und experimentieren gern.
Die am meisten begeisterte Teilnehmerin ist Johanna Schriek, 23, Studentin. Sie lebt erst seit einigen Tagen in Rostock. „Ich liebe den Rhythmus; den Tanz kannte ich nur wenig. Darüber hinaus kenne
ich nicht so viele Leute hier in Rostock und wollte mich integrieren“, erzählt sie. Integration der Deutschen in Deutschland durch brasilianischen Tanz. Interessant.
Am Ende des Tages tanzen alle gerne, üben die Schritte, fragen nach beliebten Liedern, haben Spaß, genießen den Nachmittag. Schauen Sie selbst in dieser Slideshow.
Von Ana Cristina Wegelin
Forró in Deutschland